Der Zauberlehrling oder die Teufelsjäger by Hanns Heinz Ewers

Der Zauberlehrling oder die Teufelsjäger by Hanns Heinz Ewers

Autor:Hanns Heinz Ewers [Ewers, Hanns Heinz]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Georg Müller
veröffentlicht: 1916-12-31T23:00:00+00:00


X.

Was nützt das Gebet des Hohenpriesters

um Regen, wenn der Rabbi

Chaninaber Dosa es rückgängig

machen kann?

Talmud, Joma Fol. 53, Taanith. 24

Frank Braun warf einen Blick auf das zerwühlte Bett – es war gewiss, dass er nicht mehr würde schlafen können. Der Morgen brach an und sein schwindsüchtiger Schein mischte sich mit dem grünen Lichte der Lampe.

O dieses fahle Leuchten des frühen Morgens, ehe die Sonne herauf war! O dieses kalte, trostlose, vor der Zeit geborene Licht!

Mechanisch kleidete er sich an, zitternd und fröstelnd. Dann ging er die Treppe hinab.

Wohin wollte er denn?

Einerlei, nur weg von Val di Scodra. Er trat in das Wirtszimmer und schrieb auf einen Zettel: »Ich bin zur Stadt.« – Nein, er wollte nicht länger zögern. Er wollte gleich gehen, zu Fuss, seine Sachen konnte er ja immer noch holen lassen. Er legte das Papier auf den Tisch und trat vor die Türe.

Das Licht tat ihm weh, er schloss die Augen. Er seufzte schwer und nahm seinen Weg; leer, zerschlagen, jämmerlich elend, wie diese blutlose Luft, die der Frühwind trieb.

Er stieg den Berg hinauf; setzte Schritt vor Schritt, hastig, automatisch. Er wusste kaum wohin er ging und warum er ging – er ging nur. Eine Bewegung war es und nichts sonst, ein Steigen und Schreiten, aufwärts, durch taunasse Büsche.

Irgendein Nebel lag um ihn und legte sich kühl und eng um seine Brust. Es schmerzte ihn, wenn er Atem holte.

Dann blieb er stehen und dachte nach. Aber es machte ihm Mühe zu überlegen und er wusste nicht, was er denken sollte. Endlich fiel ihm auf, dass er die Bergstrasse schon vor einer Weile passiert hatte. Er musste wieder zurück, dies war der Weg nach Cimego.

Aber er mochte nicht zurückgehen. ›So geh ich eben nach Cimego,‹ dachte er.

Er sah nicht rechts und nicht links und lief weiter. Immer den Weg nach, still, schwer atmend, gedankenlos.

Stundenlang.

Der Tag kam, aber die Sonne brach nicht durch die dicken Wolken. Es war kalt da oben, und doch nässte seine Haut ein heisser Schweiss. Da erinnerte er sich, dass der Gendarm von einer Köhlerhütte gesprochen hatte. Aber er fand sie nicht.

So lief er weiter. Er sah einen Ziegenpfad links eine Schlucht hinabsteigen und ging ihm nach. ›Er wird abkürzen.‹ dachte er.

Dann verlief er sich und verlor den Pfad. Er kroch die Abhänge hinab und stieg in die Täler, wieder hinauf und hinab. Doch die Füsse schmerzten und die Lungen stachen bei jedem Atemzuge.

Unter einer verkrüppelten Tanne setzte er sich nieder. Er wollte nur einen Augenblick ruhen und stützte den Rücken an den Stamm. Irgend ein weisses Rad kreiste in seinem Kopfe und er fiel zur Seite.

Als er wach wurde, fror ihn jämmerlich. Ein feiner Regen fiel, bis auf die Haut war er durchnässt. Es schien ihm längst Mittag vorbei zu sein, hastig sprang er auf. Er lief nun, um sich ein wenig zu erwärmen und begann wieder nach dem Wege zu suchen. Da er ihn nicht fand, beschloss er immer geradeaus zu gehen und sich möglichst in der Höhe zu halten, in der er sich befand. So schleppte er sich weiter.



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